BVerfG: Ab heute hat das Anhörungsrecht bei Stadionverboten Verfassungsrang

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Fast neun Jahre lang hat sich das Bundesverfassungsgericht Zeit gelassen, um über „unsere“ Verfassungsbeschwerde zu befinden. Heute hat es endlich seine Grundsatzentscheidung zu Stadionverboten verkündet. Formal gesehen wurde die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, doch das Gericht hat einige Pflöcke eingerammt, die Fußballfans in Zukunft vor unberechtigten Stadionverboten schützen können.

Bis zuletzt hatte der DFB bestritten, dass die Vereine verpflichtet sind, betroffene Fans anzuhören und ihnen eine Begründung für das Stadionverbot mitzuteilen. Dieser Ansicht des DFB hat das Bundesverfassungsgericht eine klare Absage erteilt. Mit der heute verkündeten Entscheidung hat das Anhörungsrecht von Fußballfans in Sachen Stadionverbot ab sofort Verfassungsrang. Das ist eine gute Nachricht, denn noch immer werden viele Stadionverbote ohne vorherige Anhörung ausgesprochen und völlig unzureichend begründet.

Die Verfassungsbeschwerde, über die das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, war 2009 auf Initiative und mit Unterstützung des Fanrechtefonds erhoben worden. Wir hätten uns ein noch kraftvolleres Urteil gegen die zweifelhafte Stadionverbotspraxis in Deutschland vorstellen können. Es wird sich zeigen müssen, welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Handhabung bei DFB und Vereine sowie auf die Rechtsprechung der Instanzgerichte hat. Die AG Fananwälte ist jedenfalls optimistisch, dass künftig eine willkürliche Verbannung von Fußballfans nicht mehr möglich sein wird. Verfassungsrechtler feiern die Entscheidung als „sensationell“ und „guten Tag für die Freiheitsrechte“.

Das Bundesverfassungsgericht wird schon selbst in Kürze zeigen können, was seine heutige Entscheidung Wert ist. Denn in Karlsruhe ist noch eine weitere Verfassungsbeschwerde des Fanrechtefonds anhängig. Sie betrifft einen Fan, der am Dortmunder Hauptbahnhof beim Diebstahl einer Tube Haargeld und eine Flasche Wasser im Wert von 4,94 € erwischt wurde und beim Fluchtversuch einen Ladendieb leicht schubste. Ob das nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ausreicht, um „eine begründete Besorgnis zu sehen, dass von diesem Fan die Gefahr künftiger Störungen“ im Stadion ausgeht? Wir sind gespannt.

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2018: Zur Ausstrahlungswirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes in das Zivilrecht

BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 11. April 2018 – 1 BvR 3080/09 –